Von unbekannten Orten und neuen kooperativen Nutzungsmodellen – Krankenhauskirche im Wuhlgarten

kirchewuhlgarten

Etwas abseits der Hektik Berlins, im grünen Grenzbereich zwischen den ehemals selbstständigen Bezirken Marzahn und Hellersdorf (dem Landschaftsraum Wuhletal) und in direkter Nachbarschaft zum heutigen Unfallkrankenhaus Berlin (UKB) erstreckt sich das weitläufige und parkähnliche Gelände der „Anstalt für Epileptische Wuhlgarten bei Biesdorf“ (lokal bekannter unter dem späteren Namen Wilhelm-Griesinger-Krankenhaus).

Unfallkrankenhaus

Als sich die Berliner Stadtverordneten im ausklingenden 19. Jahrhundert mit der Errichtung mit der Errichtung städtischer Gesundheitseinrichtungen befassten, wurden bestimmte „Krankheitsbilder“ bewusst vor die Tore der wachsenden Großstadt verbannt. So entstand 1890-1893 (erste Bauphase) nach Plänen des Berliner Stadtbaurats Hermann Blankenstein eben auch dieser Krankenhausstandort auf der „Grünen Wiese“, ausgegrenzt durch Distanz/räumliche Barrieren zu den übrigen ihn umgebenden Siedlungsgebieten aber mit Anbindung an das Eisenbahnnetz (Ostbahn).

Zu der seit Ende der 1980’er unter Denkmalschutz stehenden Gesamtanlage aus verschiedensten  baulichen Anlagen (Krankenhausbauten, Wohnbauten, Wirtschafts- und Verwaltungsbauten, Kesselhaus, Gutshof, Friedhof, …) gehört auch ein ursprünglich als Begegnungsstätte konzipierter Kirchbau, ein Ort der Einkehr und Interaktion für Patienten und Gäste jenseits religiöser Zugehörigkeiten. Heute sind einige der Gebäude des Ensembles um- oder ungenutzt. So dienen gerade die zugehörigen Beamtenvillen für Wohn- und Gewerbezwecke.

Durch Kriegseinwirkungen kam es auch im Wuhlgarten zu größeren baulichen Schäden, so dass der Kirchbau 1945 defakto nur noch eine Ruine war. Sie diente in Folge auch als Baustoffspender für Reparaturen an den umliegenden Krankenhausgebäuden und verblieb in diesem Zustand bis zu ihrem Wiederaufbau zwischen 1994 und 1997 (Aufbau des zugehörigen Turmes 2011). Am 18.11.1997 wurde der Bau in einem ökumenischen Gottesdienst als Krankenhauskirche des neu errichteten UKB geweiht. Somit wurde der Bau auch förmlich zu einer Kirche, die seitdem im Wesentlichen durch Krankenhausseelsorger der großen christlichen Kirchen und des anliegenden Gesundheitseinrichtungen, aber auch anderen Akteuren religiös bespielt wird.

Einhergehend mit Umstrukturierungen am Gesundheitsstandort Wuhlgarten gab es auch Überlegungen die Krankenhauskirche in Obhut einer der lokalen christlichen Gemeinden zu Überführen. Eine Idee, die sich in der Praxis jedoch nicht durchsetzte.

Seit 01.05.2009 gehört das Kirchengebäude dem Wuhlgarten – Hilfsverein für psychisch Kranke e.V., der sich mit seiner Interessengemeinschaft Kirche, einem ökumenischen Zusammenschluss von Interessierten und Aktiven aus dem Stadtteil und der ihm zugehörigen Wuhletal gGmbH bereits vor Erwerb des Gebäudes um dessen Nutzung bemühte und für seine Erhaltung/Instandsetzung einsetzte.

Derzeit nutzt der Verein das Gebäude neben seiner alltäglichen Stadtteilarbeit im wesentlichen als Veranstaltungs- und Ausstellungsfläche für Anwohner, Patienten und Interessierte.
Zum Angebotsspektrum gehören Lesungen, Konzerte sowie ein kleines Stadtteilkaffee, dass zum Verweilen einlädt. Da die Aktivitäten und Angebote sich augenscheinlich großer Beliebtheit erfreuen weitete der Verein die Öffnungszeiten des Standortes relativ zügig aus. Derzeit ist das Gebäude neben den geplanten Veranstaltungen täglich von 14:00 bis 17:00 zu besichtigen.

Eindruck: In jedem Fall ein interessanter und besuchenswerter Ansatz sakrale Räume zu erhalten und sie durch Nutzungsdiversifizierung mit Leben zu füllen.

Christoph Albrecht Verfasst von:

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